Menu
stage img
  • Politik

Richtungsentscheide für die Altersvorsorge

19.01.2024 – Theodora Peter

Sollen AHV-Rentnerinnen und -Rentner mehr Geld erhalten? Oder sollen alle länger arbeiten, damit auch die nachfolgenden Generationen auf eine gesicherte Rente zählen können? Am 3. März 2024 entscheiden die Stimmberechtigten über zwei sehr gegensätzliche Initiativen zur Altersvorsorge.

Eine AHV-Rente beträgt in der Schweiz maximal 2450 Franken pro Monat. Der Durchschnitt der ausbezahlten Renten liegt jedoch tiefer: rund 1800 Franken. Auch wer nebst der AHV noch über eine zweite oder gar dritte Säule der Altersvorsorge verfügt, muss den Gürtel nach der Pensionierung meist enger schnallen. Kommt dazu, dass die Kosten für Krankenkassenprämien, Mieten oder Strom weiter ansteigen. Aus Sicht des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) macht dieser Kaufkraftverlust bis Ende 2024 eine ganze AHVMonatsrente aus. Deshalb verlangt der SGB mit der Initiative «Für ein besseres Leben im Alter» die Auszahlung einer 13. Altersrente. Dies entspricht einer Rentenerhöhung von 8,3 Prozent.

Zweifel an Finanzierbarkeit

Ein solcher Ausbau hätte aber seinen Preis: Der Bundesrat rechnet bei der Annahme der Initiative mit zusätzlichen Ausgaben für die AHV von rund fünf Milliarden Franken im Jahr 2032. Diese Mehrkosten sind aus Sicht der Regierung und der Mehrheit des Parlamentes nicht tragbar. Die Gegner argumentieren, dass dem Sozialwerk auch ohne Rentenzuschlag langfristig eine finanzielle Schieflage droht. Grund dafür ist die «Babyboom»-Generation: Die geburtenstarken Jahrgänge 1946 bis 1964 sorgen auch noch in den nächsten Jahren für eine bedeutende Zunahme von Neurenten, die aus dem AHV-Topf bezahlt werden müssen.

Für die Initianten kommen diese Warnungen einer «Schwarzmalerei» gleich: «Die finanzielle Situation der AHV ist gut», hält der Gewerkschaftsbund fest. Er verweist auf die Finanzperspektiven des Bundes, wonach das Sozialwerk in den nächsten Jahren jährlich rund drei Milliarden Franken Überschuss erzielen dürfte. Damit werde das AHV-Vermögen bis 2030 auf 67 Milliarden Franken steigen – rund 20 Milliarden Franken mehr als heute.

Während der Bundesrat und die bürgerlichen Parteien die Einführung einer 13. AHV-Rente ablehnen, scheint das Anliegen im Volk auf viel Sympathie zu stossen. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Sotomo vom Frühherbst 2023 sprachen sich hohe 71 Prozent der Befragten für den Rentenzuschlag aus. Aufhorchen lässt dabei laut den Meinungsforschern, dass die Zustimmungswerte nicht nur bei der linken, sondern auch bei der rechten Wählerbasis bedeutend sind. Ein Abstimmungserfolg für Gewerkschaften und Linke in der Sozialpolitik wäre ein herber Dämpfer für das bürgerliche Lager – vier Monate nach dem Rechtsrutsch bei den nationalen Wahlen («Revue» 6/2023). Die frühen Umfrageresultate sind jedoch mit Vorsicht zu bewerten: Im Laufe der Abstimmungskampagne können sich die Meinungen noch ändern. Auch müssen die Initianten beim Urnengang nicht nur die Mehrheit der Stimmenden, sondern auch die Mehrzahl der Kantone hinter sich scharen. Diese Hürde ist erfahrungsgemäss schwieriger zu überspringen.

Junge FDP verlangt höheres Rentenalter

Die zweite AHV-Vorlage, die am 3. März zur Abstimmung kommt, stammt aus dem bürgerlichen Lager und geht in eine völlig andere Richtung. Die Jungfreisinnigen wollen mit der Initiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge» das Rentenalter von heute 65 bis im Jahr 2033 schrittweise auf 66 Jahre für alle erhöhen. In der Folge soll das AHV-Alter parallel zur Lebenserwartung weiter ansteigen. Damit könnte das Sozialwerk um mehrere Milliarden Franken entlastet werden. Dies zu Gunsten künftiger Generationen: Wenn alle länger berufstätig bleiben, könnten auch die Jüngeren dereinst noch auf eine gesicherte Rente zählen – so die Argumentation der Initianten.

An der Urne dürfte eine allgemeine Erhöhung des Rentenalters jedoch einen schweren Stand haben. Bei der Sotomo-Umfrage lehnten 67 Prozent dieses Anliegen rundweg ab. Einzig die Sympathisanten der FDP konnten sich mit der Renten-Initiative ihrer Jungpartei anfreunden. Nebst Linken und Grünen stellen sich auch Mitte und Grünliberale gegen diese Initiative. Die rechtskonservative SVP fasst ihre Parolen zu beiden AHV-Abstimmungen erst am 27. Januar – nach dem Erscheinen dieser «Revue».

Auch bei einem allfälligen Volks-Nein am 3. März ist die Idee, das Rentenalter künftig an die gestiegene Lebenserwartung zu koppeln, nicht ganz vom Tisch. Das Parlament hat den Bundesrat bereits früher beauftragt, bis im Jahr 2026 eine Gesetzesvorlage zur finanziellen Stabilisierung der AHV in den Jahren 2030 bis 2040 vorzulegen. Spätestens dann wird die Diskussion um ein höheres Rentenalter wieder aufs Tapet kommen.

Mit der letzten AHV-Reform, die das Stimmvolk im September 2022 guthiess, ist die Finanzierung des Sozialwerks bis 2030 gesichert. Dazu müssen die Frauen künftig ein Jahr länger arbeiten: bis zum Alter von 65 statt wie bislang 64 Jahren. Diese Erhöhung kam an der Urne nur äusserst knapp durch. Teil dieser jüngsten Reform ist auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, die dem AHV-Topf zusätzliche Einnahmen beschert.

Showdown um 2. Säule im Juni

Voraussichtlich im Juni werden sich die Stimmberechtigten erneut mit der Altersvorsorge befassen. Dann geht es um die 2. Säule, also um die Renten, welche Berufstätige bei den Pensionskassen ihrer Arbeitgeber ansparen. Gegen die vom Parlament beschlossene Reform haben die Gewerkschaften das Referendum ergriffen. Aus ihrer Sicht führt das Paket zu einem Abbau und einer erneuten Benachteiligung von Frauen mit geringen Einkommen. Nach dem Seilziehen um die AHV im März wird somit auch der nachfolgende Urnengang zu einem Stimmungstest für den Sozialstaat werden.

Links zu beiden AHV-Initiativen:
www.ahvx13.ch
www.renten-sichern.ch

Die Abstimmungen vom 3. März 2024 im Überblick

13. AHV-Rente:
Die Initiative «Für ein besseres Leben im Alter» des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) verlangt, dass die AHV-Rente statt wie bisher zwölfmal neu dreizehnmal pro Jahr ausbezahlt wird. Dies entspricht einer Rentenerhöhung von 8,3 Prozent. Der Bund rechnet bei einer Annahme mit Mehrausgaben, die im Jahr 2032 rund 5 Milliarden Franken betragen würden. Bundesrat und Mehrheit des Parlamentes empfehlen dem Stimmvolk deshalb ein Nein.

Höheres Rentenalter:
Mit der Initiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge» möchten die Jungfreisinnigen das AHV-Rentenalter für alle bis im Jahr 2033 schrittweise auf 66 Jahre erhöhen. Anschliessend soll das Pensionierungsalter noch weiter steigen – parallel zur Lebenserwartung. Dies brächte dem Sozialwerk Einsparungen in Milliardenhöhe. Bundesrat und Mehrheit des Parlamentes empfehlen dem Stimmvolk ein Nein.

Kommentare

×

Name, Ort und Land sind erforderlich

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Geben Sie eine gültige E-Mail an

Kommentar ist erforderlich!

Sie müssen die Kommentarregeln akzeptieren.

Bitte akzeptieren

* Diese Felder sind erforderlich.

Kommentare :

  • user
    Rolf Gärtner, Ungarn 08.02.2024 um 11:56

    Ich sehe schon, wir Schweizer sind bald so weit wie die Deutschen. Dort ist die Rente ein Witz. Habe mein ganzes Leben kräftig eingezahlt und lebe jetzt in Ungarn, weil ich in der Schweitz nicht mal mehr Autofahren könnte. Danke.

    Übersetzung anzeigen
  • user
    Markus Lüttin, Spanien 31.01.2024 um 14:10

    Seit sechs Jahren lebe ich in Spanien und hier an der Costa Blanca sind in dieser Zeit die Kosten um rund 18 Prozent gestiegen. Viele Artikel sind hier teurer, als in der Schweiz. Für eine Ehepaar-Rente von 2770 Franken gibt es beim heutigen Eurokurs 3060 Euro. Eine 13. AHV-Rente wäre ein höchst willkommener «Teuerungsausgleich». Für ein Leben in Luxus reicht das nicht. Ich glaube nicht, dass es an der Spitze der SVP derart schlechte Rechner gibt, denn sonst wäre unsere Wirtschaft schon lange am Boden. Persönlich geht es mir zwar gut. Aber ich sehe auch, wie einige hier mit ihren Jachten in Saus und Braus leben. Das weckt tatsächlich Neid und Vorurteile. Was kommt aber auf uns zu, wenn der Neid von Inlandschweizern auf die Auslandschweizer, die oft sehr genügsam leben, weiter wächst und wächst?

    Übersetzung anzeigen
  • user
    Mary Woodtli, Wallisellen, Schweiz 24.01.2024 um 15:04

    Eine 13. AHV-Rente kann locker finanziert werden. Eventuell muss man in den Finanzen etwas umbuchen. Aber es kann nicht sein, dass Milliarden jährlich ins Ausland fliessen, all unsere illegalen Freunde grosszügig unterstützt werden, der Bundesrat mit allen möglichen Goodies verwöhnt wird, sich den Teuerungsausgleich gleich selber bezahlt - und beim normalen Bürger will man sparen. Jetzt kommt das Schweizer Volk einmal an die Reihe - daher ein dickes JA zur 13. AHV-Rente.

    Übersetzung anzeigen
  • user
    Markus Lüttin, Spanien 24.01.2024 um 14:48

    Anhang in den Nachrichten gesehen gehört und fast als Hohn empfunden daher....


    AHV 13x


    Hochburg der SVP ALBISGÜTLI. Offenbar höri s'Märli, ganz sicher te Ton wie s'Märli. Aber es isch nicht es Trudi Gerster gsi. Es erstaunt mich wie gestandene Mannen wie auch Volksnahe Politiker da wie betäubt zuhören. Komisch! dass "die einen am meisten haben" am meisten sparen, mit fremden Geld am liebsten. Die Kunst Ja zu Denken und Nein zu Sagen, deutet auf viel Erfahrung der Politik der Spaltung. Wenn Freunde zusammen im Wirtshaus Politik machen, ist es bestimmt immer lustig. Leider ist die Sache für viel Menschen, vor allem Schweizer, die ehrlich sind und sich ihrer Armut schämen nicht so lustig.

    Übersetzung anzeigen
  • user
    Markus Lüttin, Spanien 24.01.2024 um 12:58

    Es ist ganz klar!! Eine kleine Geld Umverteilung von Reich zu Arm. Der Reiche zahlt mehr, weil er mehr konsumieren kann. Das kann der Arme nicht. Zum Beispiel pro Jahr kunsumiert er für 200'000 Franken. Darauf sind irgendwo immer Steuern. Aber auch mehr Ressourcen, die alle bezahlen Reiche wie die Armen, auch die, die nicht alle Ressourcen brauchen. Da gäbe es noch viele Rechnungen, wo wir alle bezahlen jedoch ungleich nutzen. Es ist Lächerlich eine 13te AHV Abzuschlagen. Jedoch notwendig jedem zugestehen. Vergleiche Einkommen Reich zu Arm. Pensionierte sind gute Kunden auch indirekten Konsum über ihre Kinder. Zudem wendet es eine Armut ab. Die offenbar vorhanden ist. Die könnte dem Ansehen "Reichen Schweizer" gut tun. Europaweit zahlen alle auch wir um 20% MWST. Da wäre eine Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Schweiz noch lange möglich und das Kapital so zu Verfügung, dass ja wieder in Umlauf käme und dem Staat auch wieder mehr Steuern beschert. Wer will da so geizig mit Schoggi Umgehen, die doch für viele Schweizer nur Warme Suppe ist. Es immer noch knapp für die Teuerung der letzen Jahre.

    Übersetzung anzeigen
  • user
    Rudolf Megert, Liechtenstein 23.01.2024 um 12:17

    Im Liechtenstein habe ich schon lange die 13. Rente - werde aber auf die mickrige Teilrente noch ZWANGSbesteuert. Fragt sich also was ist besser, weniger sinnlose Bürokratie oder ein bisschen mehr Geld insgesamt?

    Übersetzung anzeigen
top