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Wichtiger Schritt für die Schweizer Demokratie: Wahlkampf-Gelder waren zum ersten Mal transparent

08.12.2023 – Susanne Wenger

Parteien, Kandidierende und Komitees mussten bei diesen Parlamentswahlen Budgets und grössere Spenden offenlegen. Mit der neuen gesetzlichen Deklarationspflicht werden die politischen Geldflüsse in der Schweiz transparenter, auch wenn sich beim ersten Durchgang Schwachstellen zeigten.

Die Grünen erhielten eine Rekordspende von einer Million Franken, den grössten Teil davon steckten sie in die Wahl­kampagne. Spenderin war Carmita Burkard, Erbin der Gründerfamilie des Baustoffkonzerns Sika. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums investierte alt Bundesrat Christoph Blocher 550 000 Franken in den Wahlkampf der SVP. Über Blocher als Geldgeber seiner Partei war lange spekuliert worden, jetzt erfuhr die Öffentlichkeit erstmals einen Betrag. Dies dank einer neuen gesetzlichen Regelung, die 2022 in Kraft trat und bei den diesjährigen National- und Ständeratswahlen zum ersten Mal galt.

Welchen Kräften steht vor einem Urnengang wie viel Geld zur Verfügung? Welche Mittel werfen Interessengruppen auf, und wem lassen sie diese zukommen? Bei solchen Fragen tappten Schweizer Wählerinnen und Stimmbürger bis jetzt weitgehend im Dunkeln. Es gab auf Bundesebene keine Pflicht zur Offenlegung.

Dies fiel umso stärker ins Gewicht, als die Schweiz nur eine rudimentäre staatliche Parteienfinanzierung kennt und die Parteien sich deshalb stark auf private Gelder stützen. Die fehlende Transparenz stiess seit den 1970er-Jahren auf Kritik, im Inland und auch beim Antikorruptionsgremium Greco des Europarates.

SVP und FDP mit grössten Kassen

Doch das Parlament lehnte alle Vorstösse für eine Regelung ab, bis es 2021 unter dem Druck einer Volksinitiative der SP und der Grünen die Haltung änderte. Neu müssen Parteien ihre Einkünfte nennen und Spenden ab 15 000 Franken namentlich ausweisen. Die Finanzierung von Wahl- und Abstimmungskampagnen muss der Öffentlichkeit ab einer Schwelle von 50 000 Franken offengelegt werden. Die Aufsicht obliegt der Eidgenössischen Finanzkontrolle, diese publiziert die ihr gemeldeten Angaben auf ihrer Website.

Wer vor den Wahlen die Listen durchforstete, erfuhr nichts extrem Überraschendes, kannte danach aber Fakten. Etwa punkto Kampagnen-Schlagkraft. Den teuersten Wahlkampf führten die beiden bürgerlichen Parteien SVP und FDP. Die nationale SVP hatte mit 4,9 Mio. Franken am meisten Geld zur Verfügung, gefolgt von der FDP mit 2,5 Mio. Zählte man die Budgets von Kantonalparteien und Kandidierenden hinzu, lag die FDP mit knapp 13 Mio. vor der SVP mit fast 12 Mio. Die Schlussabrechnung erfolgte aber erst nach den Wahlen.

Intransparente Gönnervereine

Ab 2024 gilt die Deklarationspflicht auch bei den Abstimmungen. Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger ist die Schweizer Demokratie dadurch transparenter geworden. Bereits zeigten sich allerdings erste Wege, die neue Regelung kreativ zu interpretieren und damit dem Transparenzgebot nicht wirklich Genüge zu tun. So verbargen sich mehrfach Geldgeber hinter Gönnervereinen oder Stiftungen mit Namen wie «Verein für lösungsorientierte Politik». Wer jeweils dahintersteckte, ging aus der Liste der Finanzkontrolle nicht hervor.

Doch wie viel Einfluss hat das Geld auf Wahlergebnisse? Mehr Mittel können der Mobilisierung dienen, was mehr Stimmen bringt, schreiben die Berner Politologin Rahel Freiburghaus und der Berner Politologe Adrian Vatter. Entscheidend bleibe aber, welchen Parteien die Wählerschaft thematisch Lösungen zutraue. Den Grünen offensichtlich weniger als vor vier Jahren, verloren sie doch trotz höchster Spende. Und der Kandidat mit dem grössten Einzelbudget, der Zürcher Donato Scognamiglio von der Evangelischen Volkspartei, verpasste die Wahl in den Nationalrat trotz seiner 365 000 Franken.

Publikation der Finanzkontrolle zur Politikfinanzierung: revue.link/fiko

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