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  • Editorial

Wenn uns der Himmel abhanden kommt

28.09.2016

Ich kann mich noch gut an den Sternenhimmel meines Lebens erinnern.

Wir waren unterwegs in einem klapprigen Nachtbus in der Hochebene von Bolivien, als das Gefährt gegen 3 Uhr mitten in der Wüste eine Panne hatte. Wir nutzten die unfreiwillige Pause, um uns ein bisschen die Füsse zu vertreten. Und da war er, der überwältigendste Sternenhimmel, den ich je gesehen hatte. Wir standen in der absoluten Dunkelheit der nächtlichen Wüste und über uns erstreckte sich ein Meer aus Sternen, wie wir es zuvor nur in pathetischen Steven-Spielberg-Filmen gesehen hatten.

Wenn ich zuhause in einer klaren Nacht in den Himmel schaue, erblicke ich zweifellos auch ein paar helle Sterne, und mit etwas Glück sehe ich auch mal so etwas wie eine Milchstrasse. Im Vergleich zum Firmament in der bolivianischen Wüste ist das aber ein nebliges Nichts. Zugegeben, ich wohne in der Nähe einer leuchtenden Stadt. Aber auch in der Schweizer Natur lässt der Blick nach oben die erschlagende Schönheit des Andenhimmels meist nur erahnen.

Das ist keine verzerrte Erinnerung. Die dicht besiedelte Schweiz ist mittlerweile derart lichtdurchflutet, dass man die Sterne nur in den entlegensten Ecken des Landes in ihrer ganzen Pracht zu sehen bekommt. Dies verdeutlicht eine aktuelle Lichtverschmutzungskarte, erstellt von der Organisation Dark Sky Switzerland.

Nicht nur Sternengucker und Astronomen haben in den letzten Jahren begonnen, sich für den Schutz der Nacht und das Recht auf Dunkelheit stark zu machen. Auch die Medizin hat erkannt, welche gesundheitlichen Folgen eine permanente Lichtverschmutzung für uns Menschen haben kann.

Marko Lehtinen, Chefredaktor

Es geht also um weit mehr als die Schönheit der Nacht. Dennoch freue ich mich ganz besonders auf den neusten einheimischen Vorstoss im Kampf für die Dunkelheit: Der Naturpark Gantrisch in den Berner Voralpen, ein aussergewöhnlich dunkler Fleck in der Schweizer Landschaft, soll zum ersten zertifizierten Sternenpark des Landes werden. 37 Regionen weltweit hat die «International Dark Sky Association» bereits zu offiziellen Oasen der Dunkelheit gekürt, nun dürfte bald ein schweizerisches dazukommen. Und ich werde einer der Ersten sein, die diesem Park einen nächtlichen Besuch abstatten – in der Hoffnung, wieder einmal einen Sternenhimmel wie damals in Bolivien zu erleben.

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