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Wahlen ins «Parlament» der Fünften Schweiz: Wie Australien den Prozess revolutionierte

10.05.2024 – Carmen Trochsler, ASR-Delegierte

Der Auslandschweizerrat (ASR) hat 2023 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die Richtlinien für demokratische, digitale Wahlen ausarbeiten soll. Das Ziel ist, die Repräsentativität des ASR zu verbessern. Die Arbeitsgruppe nutzt dabei auch Erfahrungen aus Ländern, in denen bereits Direktwahlen durchgeführt wurden. Ein Beispiel liefert Australien, wo 2017 die Wahlen in den ASR im Rahmen eines Pilotprojekts digital erfolgten.

In Australien lebt die drittgrösste Auslandschweizergemeinschaft ausserhalb Europas. Sie ist mit vier Sitzen im ASR vertreten. Vor 2017 waren die Nominierung und Wahl der Delegierten in erster Linie eine interne Angelegenheit, die von Komitees oder den Präsidenten einiger weniger Schweizer-Clubs entschieden wurde.

Das Pilotprojekt revolutionierte in Australien den Wahlprozess in den Auslandschweizerrat: Mit einem Mal hatten 14 800 Schweizerinnen und Schweizer die Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben – und nicht mehr nur wenige Clubvertreter. Foto iStock

Die Wahlen 2017 haben diesen Prozess in dreifacher Hinsicht revolutioniert. Erstens erreichte der Aufruf zur Nominierung alle Schweizerinnen und Schweizer, die beim Generalkonsulat ihre E-Mail registriert hatten. Somit waren – zweitens – insgesamt 14 800 Personen wahlberechtigt, also alle über 18-jährigen Schweizerinnen und Schweizer, über deren E-Mail das Konsulat verfügte. Und drittens wurden die Wahlen elektronisch durchgeführt, über die damals noch verfügbare E-Voting-Plattform des Kantons Genf.

Im Vorfeld der Wahlen wurden verschiedene lokale Kommunikationsplattformen genutzt, doch entscheidend für die grosse Reichweite war das Generalkonsulat. Es verschickte zwei E-Mails an alle Wahlberechtigten: erst den Aufruf zur Nominierung, später den Aufruf zur Wahl.

Das Ergebnis war bemerkenswert. Erstmals überstieg die Zahl der Kandidierenden die Zahl der verfügbaren Sitze – und zwar gleich ums Doppelte. 1100 Wahlberechtigte gaben schliesslich ihre Stimme ab, was einer Wahlbeteiligung von 7,4% entsprach. Diese Zahl mag zwar bescheiden erscheinen, ist aber eine deutliche Steigerung gegenüber den geschätzten 0,05 % bis 0,3 %, die zuvor erreicht wurden.

Stehen bei offenen Wahlen mehr Kandidierende als Sitze zur Verfügung, entsteht Wettbewerb: Wollen Kandidierende Stimmen erhalten, müssen sie aufzeigen, wer sie sind, wofür sie stehen und was sie für die Aufgabe qualifiziert. Das setzt die Kandidierenden zwar unter Druck, liefert aber den Wählenden die Grundlage für eine echte Wahl.

Fazit: 14 800 Personen wurde eine Stimmabgabe ermöglicht. Die Wahl war nicht mehr die Sache weniger Klubs. Insgesamt war das Pilotprojekt 2017 eine grossartige Gelegenheit für die Schweizerinnen und Schweizer in Australien, ihre Delegierten demokratisch zu wählen und somit deren Legitimierung deutlich zu verbessern. Aufgrund der gemachten Erfahrungen plant Australien, im Jahr 2025 erneut einen digitalen und demokratischen Wahlprozess anzubieten.

CARMEN TROCHSLER, ASR-DELEGIERTE, AUSTRALIEN

Für Kommentare oder Fragen zum Thema wenden Sie sich an: workgroup.osa@outlook.com

Das «Werkzeug» liegt bereit

Für digitale Wahlen in den Auslandschweizerrat (ASR) stünde ein von der Berner Fachhochschule entwickeltes und bereits mehrfach erprobtes E-Voting-System zur Verfügung. Diese Neuigkeit präsentierte die vom ASR eingesetzte Arbeitsgruppe am 14. März 2024 anlässlich eines Informationsaustausches im Bundeshaus in Bern. Eric Dubuis, Professor an der Berner Fachhochschule und Spezialist im Bereich E-Voting, sagte vor Ort, dass das System für ASR-Wahlen zur Verfügung gestellt würde. Will heissen: Es würden kaum Kosten anfallen. Er hoffe nun, dass möglichst viele Regionen Interesse für die Nutzung des Systems bekundeten, sagte Noel Frei namens der Arbeitsgruppe in Bern. (MUL)

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