Vater war Ingenieur, die Tochter kam im Atomkraftwerk zur Welt, als Kind «einer willensstarken, stolzen Mutter und eines möglichen Schufts». Das war 1977. Dieser arbeitete damals als Fachmann für Generatoren beim Bau des AKW Kori in Südkorea, wo er die Mutter kennenlernte. Doch Wochen nach der Inbetriebnahme des Werks und der Geburt seiner Tochter stahl er sich heimlich davon.
Vierzig Jahre später macht sich die Erzählerin auf die Suche nach ihrem Erzeuger. Seine Abwesenheit habe ihren «Seelenreaktor» energetisch angetrieben, hält sie metaphorisch fest, doch ihr Kühlsystem verhindert eine «Kernschmelze» des Herzens. Sie nimmt die Fährte in Wales auf, wo er aufwuchs, verfolgt sie nach Ostasien und gelangt schliesslich nach Monroe (Michigan). Hier arbeitete der Erzeuger im Pannenreaktor Enrico Fermi 2, dessen Betrieb ausgerechnet wegen maroder Generatoren regelmässig ausfiel. Die Erzählerin hält die Fehlleistung mit süsser Süffisanz fest.
Rinny Gremauds Roman «Generator» ist ein erstaunliches, kritisch reflektierendes Buch, in dem sich Biografie und Technikgeschichte überkreuzen. Gremaud, die wie ihre Erzählerin in Korea geboren ist, nähert sich der Vaterfigur über die Prozeduren und Folgen seiner Arbeit beim AKW-Bau, die sie technisch versiert beschreibt. Immer wieder begegnet sie auf ihrer Reise einer industriellen Verwüstung, die ihr emotionell nahegeht. Der Moloch Energie nimmt keinerlei Rücksicht, weder auf Mensch noch Natur. Deshalb hält sie ihm hartnäckig eine literarische Fiktion entgegen, mit der sie die Bruchstücke des väterlichen Lebens zusammenfügt.
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