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  • Editorial

Die Bilder unserer Bergwelt

31.07.2018

Keine Frage: Die Alpen sind für die Schweiz und ihr Selbstverständnis prägend. Sie sind unübersehbar. Sie sind unverrückbar.

Doch wie wir die Berge betrachten, ist dem Wandel unterworfen. Das zeigten die letzten zwei Jahre deutlich. So lange wälzten die Schweizerinnen und Schweizer nämlich die Frage, ob sich das Land für die Olympischen Winterspiele 2026 bewerben solle. Das sonst so sportbegeisterte Wallis zog im Juni nun den Schlussstrich: Die Walliser Stimmberechtigten lehnten an der Urne den finanziellen Beitrag ihres Kantons an die Spiele klar ab. Die Kandidatur ist damit vom Tisch.

Für viele war die Aussicht aufs sportliche Spektakel ein Traum, für viele ein Albtraum. Die Debatte war entsprechend heftig. Die einen Freunde der Alpen argumentierten, die Spiele in den Alpen auszurichten, bedeute die Rückkehr an die Geburtsstätte des Wintersports, erlaube Rückbesinnung und die Rückkehr zu mehr Bescheidenheit: Die Kernidee des Olympiaprojekts war, nur bestehende Sportstätten zu nutzen und so zu beweisen, dass Olympische Spiele nicht zwingend zu gigantischen Bauten und fragwürdigen Eingriffen führen müssen.

Die anderen Freunde der Alpen betrachten die Bergwelt komplett anders: Sie sehen einen alpinen Lebensraum, verletzlich geworden durch den Klimawandel, gefährdet durch den Druck der kommerziellen Event- und Spektakelindustrie. Die Olympiagegner stellten ebenfalls die in der Bergwelt Lebenden in den Vordergrund: Diese bräuchten dringend Zukunftsperspektiven, doch die Olympischen Spielen könnten diese mit ihrer für den Moment komponierten Künstlichkeit nicht bieten. Sie sprachen den Spielen jede Nachhaltigkeit ab.

Die Absage an die Spiele hat zur Folge, dass die Schweiz für Jahre aus dem Feld möglicher Olympiabewerber ausscheidet. Bestehen bleibt die Frage, wie wir künftig die Alpen betrachten und wie wir mit dem Nutzungsdruck auf die fragil gewordene Bergwelt umgehen wollen.

MARC LETTAU, REDAKTOR

Mit dem Beitrag des Autors und Historikers Daniel Di Falco ab Seite 6 steuert auch die «Schweizer Revue» die Frage an. Di Falco zeigt wunderbar, wie sehr die Alpen bereits in der Vergangenheit eine Projektionsfläche, eine Stätte der Inszenierung, des wohldosierten Nervenkitzels und des gelenkten Blicks waren. Ein Beispiel: Künstler wie der vor 100 Jahren verstorbene Maler Ferdinand Hodler prägten bei Generationen das Bild einer heilen Bergwelt. Allerdings reiste auch Hodler bequem per Bergbahn an die Orte seiner Inszenierung der alpinen Natürlichkeit.

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