Wie stellen sich junge Menschen ihre Zukunft vor? Wovon träumen sie? Was macht ihnen Sorgen? Antworten auf diese Fragen zeigen sich in der Schweiz etwa dort, wo Jugendliche politisch mitreden dürfen.
Was will die Jugend in einer grossen, sehr urbanen Schweizer Stadt? In Zürich zum Beispiel wünscht sie sich offene Turnhallen, die Begrünung von Baustellen, Vergünstigungen im Kultur- und Freizeitbereich, für die Verpflegung sowie für den öffentlichen Verkehr. Sie hat gute Chancen, dass ihre Wünsche wahr werden. Im letzten Herbst hat das Zürcher Stadtparlament nämlich insgesamt sieben sogenannte Jugendvorstösse gutgeheissen. Nun ist die Stadtregierung am Zug: Bis im Herbst 2026 muss sie aufzeigen, wie die Anliegen der Jugendlichen konkret umgesetzt werden.
Zürich hört auf die Jugend
Der Jugendvorstoss ist ein politisches Instrument, das die Stadt Zürich mit dem 2022 lancierten Pilotprojekt «Euses Züri – Kinder und Jugendliche reden mit!» eingeführt hat. Es soll jungen Menschen die Gelegenheit geben, ihre Ideen für die Gesellschaft in die Politik einzubringen. Rund 90 Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren treffen sich dafür an Jugendkonferenzen und arbeiten gemeinsam mit Stadtparlamentarier:innen ihre Vorstösse im Detail aus. Anschliessend begründen sie die Anliegen vor dem Parlament.
Zu ihnen gehört Ricarda Barman. Die 15-jährige Sekundarschülerin hat an der letztjährigen Jugendkonferenz teilgenommen und wird den Politikern erklären, warum private Liegenschaftsbesitzer:innen bei der Installation von Solaranlagen unterstützt werden sollen. «Öl und Gas werden an anderen Orten dringender gebraucht. Da sie nicht erneuert werden können, muss sparsam umgegangen werden mit ihnen», sagt sie der «Schweizer Revue». Ricarda Barman gefällt der Jugendvorstoss. «Es ist wirklich ein Fortschritt, dass wir Jungen in Zürich mitreden können. Die meisten Politiker:innen sind viel älter als wir und erleben die Wirkung ihrer Entscheide von heute nicht gleich lange wie wir.»
Auch in der Stadt Thun können Jugendliche per Jugendvorstoss mitreden. Bereits seit 2014 tragen dort 13- bis 18-Jährige ihre Anliegen ins Stadtparlament, wenn sie dafür 40 Unterschriften von Gleichaltrigen sammeln konnten.
In Zürich werden die Jugendlichen von Julia Kneubühler begleitet. Sie ist beim Dachverband Schweizer Jugendparlamente (DSJ) für die Jugendkonferenzen im Auftrag der Stadt Zürich verantwortlich. Der DSJ fördert politische Mitsprache auf allen drei Staatsebenen der Schweiz – kommunal, kantonal und national. Ein wichtiges Hilfsmittel, um die Bedürfnisse der Jungen abzuholen, ist die digitale Plattform www.engage.ch, die der DSJ vor rund zehn Jahren entwickelt hat. Neben der Stadt Zürich nutzt sie auch der Kanton Solothurn, der jedes Jahr einen «Jugendpolittag» organisiert. «Red mit!» heisst die Kampagne, die 2025 bereits zum 18. Mal stattfindet. Was hat sie gebracht? Ein Beispiel liefert ein Vorstoss aus dem Jahr 2023, der letztes Jahr im kantonalen Parlament von allen politischen Parteien unterstützt worden ist: Ein Schulausweis, der überall im Kanton gilt, soll Schüler:innen vergünstigte Tarife gewähren.
Tausende Anliegen im Bundeshaus
Seit neun Jahren können Jugendliche und junge Erwachsene auch auf nationaler Ebene mitreden; sie haben bereits Tausende von Anliegen im Bundeshaus deponiert. Jeden Frühling werden unter dem Titel «Verändere die Schweiz!» auf www.engage.ch die Ideen von 12- bis 25-Jährigen gesammelt. Anschliessend lesen junge Mitglieder des Schweizer Parlaments, die das ganze politische Spektrum abdecken, je eine Idee aus, die sie weiterverfolgen möchten. Bis heute sind gut hundert Ideen gemeinsam mit ihren Autor:innen ausformuliert worden. Sie haben vielleicht keine bahnbrechenden Neuerungen in der Schweizer Politik gebracht, doch der DSJ ist trotzdem zufrieden. «Dass sich junge Menschen aktiv am politischen Prozess beteiligen, ist bereits ein Erfolg. Wenn aus den Ideen konkrete politische Vorstösse werden, ist dies noch wertvoller. Denn wir wissen, wie schwierig es auch für die Parlamentarier:innen selbst ist, im langwierigen und komplexen Prozess der Schweizer Politik Konkretes zu erreichen», sagt Fiona Maran, Teamleiterin Kampagnen von engage.ch beim DSJ. Als positives Beispiel erwähnt sie die im Sommer 2022 von Nationalrat Lukas Reimann (SVP) eingereichte Motion, die vom Bundesrat verlangt, Sprachaufenthalte für Schüler:innen in der Schweiz in allen vier Landessprachen zu fördern. Der Bundesrat hat die Motion abgelehnt, doch der Nationalrat hat sie im Frühling 2024 angenommen. Als nächstes ist der Ständerat am Zug; das Schicksal der Motion ist also noch offen. Ein weiteres Thema, das die Jungen aufgegriffen haben, beschäftigt sich mit der Früherkennung des Risikos gekürzter Altersrenten, weil die Beiträge an die Sozialversicherung nicht lückenlos jedes Jahr einbezahlt worden sind. Das Problem stellt sich häufig am Anfang des Berufslebens. FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt hat die Frage ins Parlament getragen, der Bundesrat hat dazu Stellung bezogen.
«Alarmierende Zahlen» zur psychischen Gesundheit
Wer junge Menschen mitreden lässt, zeigt ihnen, dass ihre Meinung zählt, und leistet damit auch ein Stück weit Prävention: davon ist Hannah Locher von Unicef Schweiz und Liechtenstein, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, überzeugt. Studien zeigen, dass es vielen Kindern und Jugendlichen in der Schweiz nicht gut geht.
Gemäss einer 2021 im Auftrag von Unicef Schweiz und Liechtenstein durchgeführten Erhebung bei 14- bis 19-Jährigen weisen 37 Prozent der Jugendlichen in der Schweiz mittelschwere oder schwerwiegende Anzeichen einer Angststörung und/oder einer Depression auf. «Die Zahlen sind alarmierend», sagt Hannah Locher, auch mit Blick auf die «StressStudie» der Schweizer Stiftung Pro Juventute, die von Ende 2019 bis Anfang 2020 bei über 1000 Schüler:innen durchgeführt worden ist. Sie zeigt, dass ein Drittel der Kinder und Jugendlichen in der Schweiz unter hohem Stress steht, sich müde und erschöpft fühlt und über Leistungsdruck klagt.
Über Leistungsdruck will auch die 15-jähige Sekundarschülerin Irem Dönmez reden. Sie wird in Zürich den Jugendvorstoss zum Thema «Psychische Gesundheit» vor dem Stadtparlament vertreten. Es ist ein Thema, das ihr persönlich am Herzen liegt, nachdem sie den Übertritt von der 2. in die 3. Sekundarklasse als «sehr stressig» erlebt hat. «Wir mussten zahlreiche Schnupperlehren absolvieren, bis im August eine Lehrstelle gefunden haben, den normalen Lernstoff bewältigen und am Ende während zwei Wochen täglich eine Prüfung schreiben.» Verständlich, dass in solchen Situationen die Nerven strapaziert werden, erst recht, wenn noch private Probleme hinzukommen. Die Jugendliche wünscht sich mehr Verständnis von den Lehrpersonen für diese emotionale Belastung; es brauche Raum und konkrete Angebote an der Sekundarschule, um Gefühle und Probleme anzusprechen. «In dieser strengen Zeit sollte nicht nur das Schulische beachtet werden», sagt Irem Dönmez. Der von ihr vorgebrachte Jugendvorstoss verlangt darum von der Stadt einen Kredit für Präventionsangebote zur Stärkung der psychischen Gesundheit auf Sekundarstufe.
Vordringliches Thema für Junge
Für den jungen «Zukunftsrat U24» ist die psychische Gesundheit von jungen Menschen in der Schweiz das Thema schlechthin. Es wurde in einer schweizweit repräsentativen Umfrage als vordringlich eingestuft. Der Zukunftsrat wird von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) getragen. Er ist ein Rat von Bürger:innen zwischen 16 und 24 Jahren, die in der Schweiz wohnen. Die 80 Teilnehmer:innen werden aus 20 000 angeschriebenen Personen in einem mehrstufigen Losverfahren ausgewählt. Die Zusammensetzung des Rats soll die Schweizer Bevölkerung möglichst gut abbilden und schliesst damit auch Ausländer:innen ein, die in der Schweiz sonst keine politische Mitsprache haben. Arya Kaya, eine heute 24 Jahre alte Kurdin, hat 2023 an der Konferenz teilgenommen und ist begeistert: «Ich war aus der Türkei in die Schweiz geflüchtet, war allein, ohne soziales Netz. Und da gab man mir, einer Ausländerin, die Chance mitzureden!» An drei Wochenend-Workshops wurden über 30 Anträge behandelt und schliesslich 18 Handlungsempfehlungen an die Schweizer Politik formuliert. Verlangt werden unter anderem die Schaffung einer gesetzlichen Basis, die es dem Bund erlaubt, im Bereich der psychischen Gesundheit junger Menschen auf nationaler Ebene koordiniert zu wirken, ein Monitoring und ein Fokus auf Prävention.
Die Forderungen des Zukunftsrats decken sich in weiten Teilen mit jenen von Unicef. Nach Ansicht von Hannah Locher liegt das Problem nicht allein am Mangel an Fachpersonen, sondern vor allem an strukturellen Defiziten: Die Ausbildung von Kinder- und Jugendpsychiatern sei zu wenig gefördert, die Versorgung nicht bedarfsgerecht geplant worden, und die Prävention werde finanziell massiv vernachlässigt. Locher lobt zwar die «vielen engagierten, niederschwelligen Angebote beispielsweise von Schulen, Sportvereinen, der Jugendarbeit oder dem psychologischen Dienst in Gemeinden». Doch die kantonalen Unterschiede seien gross. Locher sagt: «Das ist ein Flickenteppich. Wir bräuchten eine nationale Strategie, um im ganzen Land bedarfsgerechte Angebote für die Zielgruppen zur Verfügung zu stellen.» Ein Angebot kommt von Unicef selbst, das Gemeinden mit dem Label «kinderfreundlich» auszeichnet. Die psychische Gesundheit stehe dabei zwar nicht im Fokus, doch ein gesunder öffentlicher Lebensraum für Kinder trage ebenfalls zur Prävention bei.
Was bleibt?
Bleibt die Frage, ob Jugendpartizipation bei diesem für die Jungen offensichtlich brennenden Thema etwas bewegen kann. Arya Kaya ist davon überzeugt. An der Abschlusskonferenz des Zukunftsrats U24 hätten viele interessierte Politiker:innen teilgenommen, und sie selbst wird seither wiederholt an Fachtagungen eingeladen. Unter anderem sprach sie an einem Grossanlass vor 600 Spezialisten. «Wir haben nicht für die Schublade gearbeitet», sagt sie mit Nachdruck. Sie sieht sich heute als «GameChangerin», indem sie die Handlungsempfehlungen des Zukunftsrats weiterverbreitet in ihrem Netzwerk, das zusehends grösser wird. Die junge Frau spricht inzwischen ausgezeichnet Deutsch, hat sich gemeinsam mit 29 weiteren motivierten Zukunftsrät:innen als «Zentrum Zukunftsrat U24» organisiert und ein Psychologiestudium an der Universität Zürich aufgenommen.
Doch nicht alle Jungen in der Schweiz haben ein Interesse daran oder die Kraft dazu, sich politisch zu engagieren. Für sie sind niederschwellige Angebote von Jungen für Junge zentral. Zu ihnen gehört beispielsweise das «Zeta Movement», getragen von ehemaligen von psychischen Problemen Betroffenen. Die heutigen Botschafter:innen deklarieren ihr Ziel so: «Nach unserer Vision sollte die Generation Z die letzte Generation sein, die unter Stigmatisierung, Schweigen und Diskriminierung im Zusammenhang mit psychischer Gesundheit leidet, aber die erste Generation, die ein Katalysator für Veränderungen sein und die Einstellung zu diesem Thema radikal verändern wird».
Ursachen und Folgen psychischer Erkrankungen
Unicef nennt als Risikofaktoren für psychische Probleme von Kindern und Jugendlichen Armut, sucht- oder gewaltbelastete Familienverhältnisse, emotionale Vernachlässigung in der Kindheit oder schlechte Kindheitserfahrungen wie Mobbing an Schulen. Investitionen in die Prävention psychischer Erkrankungen seien im Interesse der gesamten Gesellschaft, auch aus wirtschaftlicher Sicht. So beziffert die London School of Economics die Verluste durch psychische Beeinträchtigungen und Störungen, die zur Erwerbsunfähigkeit oder zum Tod von jungen Menschen führen, in Europa auf fast 58 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Psychische Gesundheit von Jungen ist also nicht nur in der Schweiz ein Thema – und nicht erst seit der Covid-Pandemie, wie der Zeitraum der genannten Umfragen (siehe Haupttext) vermuten lassen könnte. «Die Pandemie war ein möglicher Treiber, das Problem bestand bereits vorher», sagt Hannah Locher von Unicef Schweiz und Liechtenstein. Covid habe es verstärkt und sichtbar gemacht.
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Kommentare :
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Arye-Isaac Ophir, Israel 23.07.2025 um 10:17
Hinzufügend möcht ich darauf hinweisen, dass es nicht wundert, dass ein solch politisch erzieherisches Projekt ausgerechnet in der Schweiz seine Geburtsstunde feiert, weil gerade der mit dem Projekt manifestierte Individualismus in direktem Zusammenhang mit der direkten Demokratie steht.
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Arye-Isaac Ophir, Israel 23.07.2025 um 09:21
Ein hochinteressanter Artikel - und ein hochrelevantes Projekt, ein Thema, weit über die Schweiz hinaus! Die Jugend an der Ideengestaltung der direkten Demokratie praktizierenderweise teilhaben zu lassen, ist erzieherisch sehr begrüssenswert - und das ganz sicher nicht nur für die heranreifende Jugend, sondern ebenso auch für die eingefleischten Altpolitiker mit oft gravierender Impotenz in Sache ideellen Frischzellen.
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Paul Jud, Stühlingen, Deutschland 20.07.2025 um 23:23
Machen Sie Witze? “An der Urne Entscheide fällen”? Welche Entscheide denn? Ja/Nein? Demokratie heisst "Volksherrschaft" und kommt aus dem Griechischen aus einer Zeit, als dort 80% der Bevölkerung Sklaven waren, und die "Demokratie" nur für die 20% Besitzenden (Männer) bestimmt war. Fast wie bei uns heute. Oder wollen Sie bestreiten, dass nur Kapitalbesitzer wirkliche Entscheide treffen können? Einer der nichts hat als seine Arbeitskraft, die er an Kapitalbesitzer zeitweise vermieten muss, um zu leben. Der hat auf jeden Fall nichts zu entscheiden, was für ihn relevant ist. Bei der "direkten" Demokratie ist die Täuschung sogar noch raffinierter als bei uns in Deutschland, wo sich immer mehr Menschen von diesem Polittheater angwidert abwenden.
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Toni Amacher, Deutschland 21.07.2025 um 08:44
Ihr Kommentar ist etwas verwirrend und mir ist nicht klar, welches politische Modell Sie anstelle der Demokratie denn vorschlagen möchten. Auf jeden Fall ist Ihre Beschreibung der «direkten Demiokratie» schweizerischer Prägung eben gerade falsch: Es geht nicht nur um Ja-/Nein-Entscheide, denn auf allen drei staatlichen Ebenen - Gemeinde, Kanton, Bund - gibt es ein Initiativrecht. Es können also konkrete Forderungen eingebracht werden. Und der Bericht der «Schweizer Revue» beschreibt im allerersten Taextabschnitt, dass die Jugendlichen mit «Jugendvorstössen» eben auch Konkretes vorschlagen können - und nicht nur etwas abnicken. – Damit ist nicht gesagt, dass die Demokratie schweizerischer Prägung perfekt ist. Aber sie ist weit besser als das erwähnte griechische Vorläufermodell.
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Arye-Isaac Ophir, Israel 22.07.2025 um 19:58
Werter Herr Paul Jud, ich habe so das Gefühl, dass in Ihrem geschrieben inhaltlich eine definierbare, nachvollziehbare Kundgebung fehlt, weil Sie bei Ihrer Wortwahl die Sinngebung der Worte falsch interpretieren. Demokratie, welche es auch sein mag, ist in ihrem Endeffekt ein Mehrheitsentschluss von JA oder NEIN zu einer Vorlage. Dem vorangehend ist Sache der Meinungsbildung. In einer ultimativen, direkten Demokratie, wie die der Schweiz - wie sie selbst die Ur-Demokraten im alten Griechenland nicht kannten - ist eine Einflussnahme von sektoralen Thema verfremdenden privat Interessen weitgehend blockiert. Ist doch ganz im Sinne der Zivilisationswerte. So, Herr Jud, WAS ist daran nicht vorbildlich gut?
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Hinzufügend möcht ich darauf hinweisen, dass es nicht wundert, dass ein solch politisch erzieherisches Projekt ausgerechnet in der Schweiz seine Geburtsstunde feiert, weil gerade der mit dem Projekt manifestierte Individualismus in direktem Zusammenhang mit der direkten Demokratie steht.
Ein hochinteressanter Artikel - und ein hochrelevantes Projekt, ein Thema, weit über die Schweiz hinaus! Die Jugend an der Ideengestaltung der direkten Demokratie praktizierenderweise teilhaben zu lassen, ist erzieherisch sehr begrüssenswert - und das ganz sicher nicht nur für die heranreifende Jugend, sondern ebenso auch für die eingefleischten Altpolitiker mit oft gravierender Impotenz in Sache ideellen Frischzellen.
Machen Sie Witze? “An der Urne Entscheide fällen”? Welche Entscheide denn? Ja/Nein? Demokratie heisst "Volksherrschaft" und kommt aus dem Griechischen aus einer Zeit, als dort 80% der Bevölkerung Sklaven waren, und die "Demokratie" nur für die 20% Besitzenden (Männer) bestimmt war. Fast wie bei uns heute. Oder wollen Sie bestreiten, dass nur Kapitalbesitzer wirkliche Entscheide treffen können? Einer der nichts hat als seine Arbeitskraft, die er an Kapitalbesitzer zeitweise vermieten muss, um zu leben. Der hat auf jeden Fall nichts zu entscheiden, was für ihn relevant ist. Bei der "direkten" Demokratie ist die Täuschung sogar noch raffinierter als bei uns in Deutschland, wo sich immer mehr Menschen von diesem Polittheater angwidert abwenden.
Werter Herr Paul Jud, ich habe so das Gefühl, dass in Ihrem geschrieben inhaltlich eine definierbare, nachvollziehbare Kundgebung fehlt, weil Sie bei Ihrer Wortwahl die Sinngebung der Worte falsch interpretieren. Demokratie, welche es auch sein mag, ist in ihrem Endeffekt ein Mehrheitsentschluss von JA oder NEIN zu einer Vorlage. Dem vorangehend ist Sache der Meinungsbildung. In einer ultimativen, direkten Demokratie, wie die der Schweiz - wie sie selbst die Ur-Demokraten im alten Griechenland nicht kannten - ist eine Einflussnahme von sektoralen Thema verfremdenden privat Interessen weitgehend blockiert. Ist doch ganz im Sinne der Zivilisationswerte. So, Herr Jud, WAS ist daran nicht vorbildlich gut?