Feuerwerk: Freude für manche, Stress für Tiere und Umwelt
18.07.2025 – Susanne Wenger
Am 1. August, dem Schweizer Nationalfeiertag, wird viel Feuerwerk gezündet. Doch was vielen gefällt, sorgt zunehmend für Kritik: Tiere, Menschen und die Umwelt leiden darunter. Eine Volksinitiative will nun lärmendes Feuerwerk für Privatpersonen verbieten.
Auslandschweizerinnen und -schweizer erinnern sich: Raketen, Vulkane und Knallkörper gehören zum 1. August wie der Senf zur Bratwurst vom Gartengrill. Auch Silvester ist in der Schweiz seit einigen Jahren von Pyrotechnik geprägt. Rund 2000 Tonnen Feuerwerk werden jährlich abgebrannt – doppelt so viel wie vor 20 Jahren, so das Bundesamt für Umwelt in einer Studie von 2014. Bis zu 600 unterschiedliche Feuerwerkskörper sind erhältlich. «Feuerwerk ist Ausdruck von Lebensfreude», sagt Linda Feller, Inhaberin des Berner Fachgeschäfts «Stärnehimu» (Mundart für Sternenhimmel).
Wie bei jeder Tradition fühlen sich einige stärker verbunden als andere, erklärt Feller. Zwar störe das Knallen vor und nach dem Feiertag, doch «sehr viele Menschen» genössen die bunten Bilder. Bei lokalen 1.-August-Feiern, Hochzeiten, Jubiläen oder Geburtstagen schaffe Feuerwerk «unvergessliche Momente». Nur: Fans und Anbieter stehen unter Druck. Immer mehr Gemeinden schränken Feuerwerk ein oder verbieten es. Besonders im Kanton Graubünden: Jede dritte Gemeinde hat in den letzten Jahren ein Verbot erlassen, darunter die Touristenorte Davos, Pontresina und St. Moritz. Die Gemeinden begründen dies mit dem Schutz von Haus- und Wildtieren sowie der Natur.
Tiere «in Panik»
Bald könnte das ganze Land folgen. Im November 2023 reichte ein Komitee die Volksinitiative «für eine Einschränkung von Feuerwerk» ein. Über 137 000 Menschen unterzeichneten sie. Die Initiative fordert, den Verkauf und die Verwendung von Lärm erzeugendem Feuerwerk zu verbieten. Leise Varianten wie Zuckerstöcke, Wunderkerzen oder römische Lichter wären weiterhin gestattet. Professionelle Feuerwerke bei überregionalen Anlässen sollen mit Bewilligung erlaubt bleiben.
Hinter der Initiative stehen Privatpersonen. Auch Organisationen wie der Schweizer Tierschutz, BirdLife Schweiz, die Lärmliga Schweiz, Pro Natura und die Fondation Franz Weber unterstützen sie. «Lärmendes Feuerwerk versetzt Heim-, Nutz- und Wildtiere in Angst und Panik», sagt Simon Hubacher vom Schweizer Tierschutz. Das plötzliche Knallen löse grossen Stress aus, dem Tiere nicht entkommen könnten. Nutztiere verletzen sich bei Fluchtversuche. Hunde leiden so stark, dass ihre Besitzerinnen und Besitzer mit ihnen ins nahe Ausland ausweichen.
Gefahr für Menschen
Auch Menschen setzt der Lärm zu, besonders älteren und psychisch belasteten, so die Initianten. Die Lautstärke von Feuerwerk ist gesetzlich auf 120 Dezibel begrenzt, aus einem bestimmten Abstand. Zum Vergleich: Ein Presslufthammer erreicht 100 Dezibel. Feuerwerk führt überdies zu Unfällen und Bränden. Zwischen 2018 und 2022 ereigneten sich laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung jährlich rund 200 Unfälle an 1.-AugustFeiern, meist Verbrennungen und Gehörschäden. Häufige Ursachen: Basteleien, Ablenkung und Leichtsinn. Letzten Silvester kam es zu einem Todesfall: Ein 46-Jähriger starb im Kanton Luzern, als er an einer Böller-Abschusseinrichtung hantierte. Und im Kanton Wallis wurde eine 14-Jährige schwer verletzt, als ein Feuerwerkskörper mitten in einer Menschenmenge detonierte.
Die Initianten erwähnen zudem Umweltprobleme: Über eine Tonne Abfall bleibt liegen, und die Feinstaubbelastung steigt. Feinstaub ist eines der Produkte, das beim Abbrennen von Feuerwerk entsteht, nebst Kohlendioxid und weiteren. Laut der Studie des Bundesamts für Umwelt von 2014 wird der Feinstaub-Tagesgrenzwert am 1. August und Silvester «häufig überschritten». Über das Jahr gesehen macht Feuerwerk jedoch nur rund zwei Prozent des gesamten Feinstaubausstosses aus. Die Behörde rät älteren Menschen und Personen mit Atemwegs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Feuerwerken fernzubleiben.
Parlament prüft Gegenvorschlag
Die Initiative ist in Bundesbern hängig. Der Bundesrat empfiehlt, sie abzulehnen. Eine nationale Regelung sei unnötig, da Kantone und Gemeinden bereits Verbote aussprechen könnten. Doch das Parlament zeigt sich kompromissbereit. Die vorberatenden Kommissionen von Ständerat und Nationalrat stimmten im Januar und im April 2025 der Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags zu. Das Anliegen, Mensch und Tier vor der Lärmbelästigung zu schützen, sei «gerechtfertigt». Der Gegenvorschlag soll ein Verbot von reinen Knallkörpern ohne visuelle Effekte ins Sprengstoffgesetz aufnehmen.
Liegt das Entgegenkommen auch an den Umfragen, die der Initiative grosse Sympathien bescheinigen? Rund 70 Prozent würden ihr zustimmen, ergab 2024 eine repräsentative Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern. Hauptgrund: die Lärmbelästigung. Bei den Gegnerinnen und Gegnern lautet das Hauptargument, ein Verbot sei übertrieben. Noch liegt der Gegenvorschlag nicht vor, und die Parteien haben sich nicht positioniert. Der Schweizerische Gewerbeverband warnt vor einer «Verbotskultur», die Kindern eine Tradition nehme. Für KMU hätte das Verbot laut dem Verband negative Folgen.
«Branche bedroht»
«Die Initiative bedroht eine ganze Branche», sagt Geschäftsinhaberin Linda Feller. Ohne die Einnahmen aus dem Feuerwerksverkauf stünden viele kleine Detailhändler vor dem Aus. Die Initianten verweisen darauf, dass in der Schweiz vor allem Vulkane produziert werden, die nicht betroffen wären. Der Grossteil des Feuerwerks wird aus China importiert. Das Initiativkomitee zeigt sich offen für einen «griffigen» Gegenvorschlag. Ob dieser ausreicht, bleibe abzuwarten. Simon Hubacher vom Schweizer Tierschutz sieht die Initiative als pragmatisch: Neben leisem Feuerwerk und offiziellen Grossfeuerwerken bleiben auch Laser- und Drohnenshows sowie traditionelle Höhenfeuer möglich. «Privates Geböller hat nichts mit Tradition zu tun.»
Hubacher führt ein weiteres Umfrageergebnis von 2024 ins Feld: Obwohl die Mehrheit der Befragten Feuerwerke gern anschaut, kaufen die meisten selten oder nie Feuerwerkskörper – und wenn, dann grösstenteils lautlose. Das passe zur Stossrichtung der Initiative. Wird diese nicht wegen eines genehmen Gegenvorschlags zurückgezogen, entscheidet die Stimmbevölkerung voraussichtlich 2026, ob die Schweiz auf lautes Feuerwerk verzichtet.
Für eine Einschränkung von Feuerwerk www.feuerwerksinitiative.ch
«Pro Feuerwerk» www.profeuerwerk.ch
Kommentare
Kommentare :
The Swiss should NOT accept any criticism or negative influence on their traditions and celebrations. The aim of such criticism is to diminish Swiss National Pride.
Seien wir doch ehrlich. Wir alle oder zumindest die meisten von uns - auch die absoluten Feuerwerksgegner - freuten sich doch in ihrer Kindheit und Jugenzeit riesig auf den 1. August, um wieder mal Feuerwerkskörper zu starten. Ja, es macht Spass, schöne Feuerwerkskörper zu zünden und es schaut auch wunderschön aus.
Allerdings muss ich zugeben, dass selbst ich als grosser Feuerwerksfan die lauten Ballereien für absolut überflüssig halte. Es geht doch auch ohne Knallereien, denn einige Feuerwerkskörper zaubern wunderschöne Farben ohne dabei zu knallen wie z.B. Vulkäne. Auch tierkonforme Raketen zaubern ein schönes Bouquet an den Himmel und der laute Knall bleibt aus.
Also warum nicht einfach nur solche Feuerwerkskörper erlauben, die lediglich schöne und bunte Sterne zaubern, dafür quasi lautlos sind und kein Tier muss darunter leiden.
Je fais entièrement confiance aux résidents suisses qui sauront prendre la meilleure solution avec sagesse et qui fait une des grandes qualités du pays.
Dass vielen das Leid der Tiere und der Kleinkinder wurst ist, finde ich persönlich bedenklich! Vor 2005 wohnte ich oberhalb am Stadelhofen und konnte das Feuerwerk vom Dach aus bewundern. Das war, ja zugegeben, speziell. Aber mit 70 fängt man doch an, einiges zu hinterfragen - zu fragen, ob etwas wirklich nötig ist und wem es am Ende wirklich etwas bringt. Wenn die meisten Leserinnen und Leser noch nicht Vegetarier geworden sind, bekommt eventuell doch noch eine Chance, es zu erkennen :) God Bless… Ich wünsche allen Schweizern:innen einen gesunden und normalen 1. August 2025. Umur
To answer your question, do we need fireworks, I say no. It is a Chinese tradition.
Hi Judy, absolutely correct. They were and still are in believe to scare away low energies with a harmful frequency. They should rather rethink and say: what you saw you will have to think: You reap what you sow. When you planted oranges, you can't expect lemons… Regards from Sri Lanka, Umur