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Lea Maria Fries | Musik aus dem Licht

07.06.2021 – Marko Lehtinen

Das Wort 22° Halo bezeichnet einen ringförmigen Lichteffekt, der entsteht, wenn Sonnenlicht an Eiskristallen in der Atmosphäre gebrochen wird. Die Musik zu diesem Phänomen ist nun auf dem Debütalbum der Schweizer Sängerin Lea Maria Fries zu hören. Ihre Formation heisst ebenfalls 22° Halo, und sie weckt tatsächlich Assoziationen zu Stimmungen von Licht und Klarheit.

Fries stammt aus Luzern, wo sie 2014 ihre Ausbildung an der Jazzabteilung der Hochschule abgeschlossen hat. Danach lebte sie in Zürich und Berlin, heute wirkt die Sängerin von Paris aus, wo sie neben 22° Halo auch in weiteren Formationen aktiv ist – unter anderem im Trio von Gauthier Toux. «Light At An Angle» wurde vor zwei Jahren in nur zweieinhalb Tagen live eingespielt, wegen Corona verzögerte sich die Veröffentlichung jedoch bis heute.

Das Warten hat sich gelohnt. Das Werk enthält einen feingliedrigen Vocal Jazz mit weitgehend akustischer Ästhetik. Die Stimme von Lea Maria Fries steht dabei für Dringlichkeit, Reife und Tiefe, in den hohen Lagen auch für eine kontrollierte Zerbrechlichkeit. Ihr Gesang ist frei von jeglichen Manierismen, was besonders gefällt. Der französische Pianist Gauthier Toux und die Schweizer Lukas Traxel am Standbass und Valentin Liechti am Schlagzeug tragen die Frontfrau ihrerseits mit kreativer Zurückhaltung.

22° Halo: «Light At An Angle». Prolog Records, 2021.

Leise Töne prägen das Bild. Die zehn Lieder fliessen, sie sind intim und von einer zeitlosen Schönheit. Doch das Album plätschert keineswegs vor sich hin. Zu anspruchsvoll sind die Kompositionen, zu raffiniert die Arrangements, um nicht in jedem Augenblick zu fesseln. Und ab und zu, genau im richtigen Moment, braust die Band auch einmal auf, wie etwa im Lied «T = G», wo der Sound für einen Augenblick an lärmenden Postrock erinnert. An anderer Stelle ist die Musik eher Singer/Songwriter und Pop denn Jazz. Dann geben dezente elektronische Elemente den Nummern eine experimentelle Note.

Diese organisch wirkenden Ausbrüche aus dem traditionellen Muster heben 22° Halo von einer durchschnittlichen Jazzcombo ab und machen sie für ein breiteres, auch jüngeres Publikum interessant. Sie sind ein willkommenes Licht in finsteren Zeiten – und Lea Maria Fries eine Quelle, die den Schweizer Jazz noch lange erhellen dürfte.

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