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  • Politik

Fulminantes Revival der direkten Demokratie

25.11.2020 – Theodora Peter

Nach mehr als sieben Monaten Unterbruch strömten die Schweizer Stimmberechtigten am 27. September wieder zur Urne. Mit fast 60 Prozent lag die Stimmbeteiligung weit über dem Durchschnitt.

Der Ersatz der heutigen Kampfjets der Schweizer Armee wurde  an der Urne zur Zitterpartie: Foto Keystone

 

Wegen der Corona-Epidemie war die für die Schweiz ebenso typische wie prägende direkte Demokratie vorübergehend zum Stillstand gekommen. Der Bundesrat sagte den Urnengang vom 17. Mai ab und verschob ihn auf den Herbst. Der 27. September wurde schliesslich zum «Supersonntag» mit gleich fünf umstrittenen Vorlagen, die das Stimmvolk mobilisierten – darunter die Begrenzungsinitiative, das Jagdgesetz und die Beschaffung von Kampfjets (Resultatüberblick siehe unten). Je nach Vorlage beteiligten sich 59,1 bis 59,4 Prozent der Stimmberechtigten am eidgenössischen Urnengang – dies entspricht der fünfthöchsten Beteiligung seit Einführung des Frauenstimmrechts im Jahr 1971.

In jüngster Zeit vermochte einzig die Abstimmung vom Februar 2016 ähnlich viele Menschen (63 Prozent) zum Urnengang zu bewegen. Damals ging es unter anderem um die SVP-Durchsetzungsinitiative. Noch stärker mobilisiert (70 Prozent) hatten 1974 James Schwarzenbachs Überfremdungsinitiative sowie 1989 die ArmeeabschaffungsInitiative.

Den einsamen Rekord punkto Stimmbeteiligung hält jedoch die EWR-Abstimmung von 1992: Damals nahmen gar 78,7 Prozent am Urnengang teil, bei dem der Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum mit 50,3 Prozent Nein knapp abgelehnt wurde. Dieser Volksentscheid markierte in der Schweiz den Beginn bilateraler Abkommen mit der EU. Dieser Weg wurde in der Folge vom Stimmvolk mehrfach bestätigt – zuletzt an besagtem «Supersonntag» vom 27. September mit dem klaren Nein zur Begrenzungsinitiative der SVP. (weiterlesen)

Kampfjets knapp am Absturz vorbei

Zu Diskussionen führte die Stimmbeteiligung beim hauchdünnen Ja (50,1 Prozent) zum Kauf neuer Kampfjets für die Schweizer Armee. Lediglich 8670 Stimmen machten den Unterschied. Der knappe Entscheid provozierte die Frage, ob das Resultat anders ausgefallen wäre, wenn alle Auslandschweizerinnen und -schweizer das Abstimmungsmaterial rechtzeitig erhalten hätten. Sie standen der Beschaffung neuer Kampfjets nämlich deutlich kritischer gegenüber als die in der Schweiz lebenden Stimmberechtigten, wie eine Abstimmungsanalyse des Forschungsinstituts GfS Bern zeigt. Demnach sagten 56 Prozent der Auslandschweizerinnen und -schweizer Nein zur Vorlage.

Alle Abstimmungsresultate vom 27. September im Überblick

  • Nein zur «Begrenzungsinitiative»: Die Schweiz muss das bilaterale Abkommen zur Personenfreizügigkeit mit der EU nicht kündigen. Das Stimmvolk lehnte die SVP-Initiative «Für eine massvolle Zuwanderung» mit 61,7 Prozent Nein-Stimmen klar ab.
  • Nein zum Jagdgesetz: Der Schutz der Wölfe und anderer geschützter Tierarten wird nicht gelockert. Die Revision des Jagdgesetzes, die eine Regulierung des Tierbestandes durch Abschüsse vorsah, wurde an der Urne mit 51,9 Prozent Nein verworfen. Das Referendum ergriffen hatten Tier- und Naturschutzorganisationen.
  • Nein zur Erhöhung des Kinderabzugs: Bei der Bundessteuer wird der allgemeine Kinderabzug nicht erhöht. Das Volk lehnte die von der SP als «Steuerbonus für Reiche» bekämpfte Reform nämlich mit 63,2 Prozent Nein-Stimmen deutlich ab. Die Vorlage hätte jährliche Steuerausfälle von 380 Millionen Franken zur Folge gehabt.
  • Ja zum Vaterschaftsurlaub: Nach der Geburt eines Kindes erhalten Väter künftig zwei Wochen bezahlten Urlaub. Dafür votierten eine klare Mehrheit von 60,3 Prozent und akzeptierte damit den Kompromissvorschlag des Parlamentes zu einer zurückgezogenen Volksinitiative, die vier Wochen Vaterschaftsurlaub verlangt hatte.
  • Ja zu Kampfjets: Der Bundesrat darf in den nächsten Jahren für sechs Milliarden Franken neue Kampfflugzeuge beschaffen. Das Stimmvolk gab dafür mit 50,1 Prozent Ja äusserst knapp grünes Licht. Abheben sollen die neuen Kampfjets zirka ab 2030. Der Flugzeugtyp ist noch offen und dürfte für weitere Diskussionen sorgen.

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Kommentare :

  • user
    Markus Immer, Philippinen 02.12.2020 um 14:29
    Kampfjets knapp am Absturz vorbei! 24 Milliarden, wahrscheinlich werden's mehr für den lapidaren Luftpolizeidienst, mit Bürozeiten!? Die paar Jets könnten die Lufthoheit bei einem massiven Angriff kaum für 30 Minuten halten! Ich hätte die Milliarden für eine funktionierende Luftabwehr investiert, wir haben nämlich keine die funktionieren würde! Ein Skandal der seit Jahren unter den bundesrätlichen Teppichen schwelt! Aber wie üblich ist niemald verantwortlich! Der DH-Deepstate lässt grüssen! Kompensationsgeschäfte und das Know-how das von Befürwortern als zus. Argument benutzt wird sind lahme Enten, bestenfalls Versprechen u. meist blanke Lügen!
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