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  • Wirtschaft

Die alufreie Kaffeekapsel, die Nespresso herausfordert

27.01.2023 – STÉPHANE HERZOG

Die Migros, grösste Einzelhändlerin der Schweiz, verkauft seit September 2022 eine Kaffeekapsel ohne Hülle: CoffeeB. Der Markteintritt dieses biologisch abbaubaren Produkts hat weltweit für Aufsehen gesorgt. Wie reagiert Nestlé, Marktführerin im Kaffeegeschäft?

Für die Degustation eines Tässchens CoffeeB, dem Kaffee aus der biologisch abbaubaren Kapsel der MigrosTochter Delica, führt uns der orange Riese in eine seiner HeimelektronikFilialen. An einem Verkaufsstand nimmt eine Verkäuferin ein braunes Bällchen aus einer Kartonbox. Die speziell für diese Innovation entwickelte Maschine – für 169 Franken – serviert einen säurefreien Espresso. Nicht schlecht! Im Auffangbehälter liegen die gebrauchten, lauwarmen Kaffeebällchen. Ein leichter Fingerdruck reicht und schon platzt die pflanzliche Membran, die den Kaffee umhüllt. Der Kaffeesatz verteilt sich in unserer Hand. Wir schauen uns nach einer anständigen Topfpflanze um und schütten das Ganze hinein.

Ein Kaffeeball erobert die Welt

Genau darum geht es bei diesem Produkt, das in der Schweiz und in Frankreich direkt unter der Nase von Nespresso verkauft wird, dessen Alukapseln den Planeten seit 1986 überschwemmen. Die Migros rühmt sich damit, die Vorteile einer Kaffeekapsel – jedoch «ohne den bitteren Nachgeschmack von Abfall» – zu bieten, dies dank einer Schutzhülle auf Pflanzen- und Algenbasis, also ohne Verpackung. Die Kaffeebällchen von CoffeeB werden in Birsfelden (BL) hergestellt, aber die Kaffeemaschinen kommen aus China. Migros sichert jedoch sowohl Ersatzteile als auch Reparaturen zu.

Jann, 50 Jahre alt, ist beim Testen ebenfalls mit dabei. Der Data Manager hat die Kaffeebällchen in Korea entdeckt, als sie am Fernsehen gezeigt wurden. Er besitzt eine NespressoMaschine, bevorzugt aber die Kapseln einer anderen Marke. Die Auswahl ist gross, denn weltweit stellen 200 Unternehmen Kaffeekapseln her. Mit CoffeeB mischt die Migros den Schweizer Kaffeemarkt nun aber gründlich auf. Im ersten Halbjahr 2022 generierte Nespresso, dessen sämtliche Kaffeesorten in der Schweiz geröstet und aufbereitet werden, 3,2 Milliarden Franken Umsatz. Der Marktriese produziert auch die Kapseln von Starbucks, dessen Umsatz 20 Prozent des Weltmarkts an kompatiblen Kapseln ausmacht.

Eine «Umweltsünde»

«Es ist schade, dass der Leader des Kaffeekapselmarktes nicht innovativ ist und weiterhin Alukapseln verwendet, die eine wahre Umweltsünde darstellen», kritisiert Philippe Nicolet, früherer Generaldirektor von Ethical Coffee. Diese Schweizer Marke hatte Nestlé mit ihren kompatiblen Kapseln die Stirn geboten, bevor sie 2017 vor dem Riesen kapitulierte.

Nestlé sieht das Ganze etwas anders. «Die CO2-Belastung einer Tasse Kaffee aus einem Vollautomaten ist 30 Prozent höher als beim Nespresso-System», kontert Jessica Chakhsi, Sprecherin von Nespresso Schweiz. Durch die Verwendung der exakt richtigen Menge an Kaffee, Wasser und Strom dämme Nestlé die Verschwendung von Ressourcen ein. «Die Grösse des ökologischen Fussabdrucks einer Tasse Kaffee wird von zwei Hauptfaktoren beeinflusst: den Produktionsschritten und den einzelnen Etappen des Kaffeegenusses», lautet die Aussage dieser Marke, die in der Schweiz 3700 Sammelstellen für gebrauchte Alumuniumkapseln anbietet.

Der Grossteil der 63 Milliarden Aluminium- und Plastikkapseln, die jedes Jahr weltweit verkauft werden, landet im Müll, gab Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen bei der Einführung von CoffeeB, seinem «revolutionären» Produkt, zu bedenken. Ende November reagierte Nespresso und kündigte für das Frühjahr die Einführung von Kapseln auf der Basis von kompostierbarem Papier an.

coffeeb.com
nespresso.com
nestle-nespresso.com

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