Die frühere Bundesrichterin kritisierte auch, der Gerichtshof begründe nicht stichhaltig, wieso plötzlich ein Verein (der Verein der Klimaseniorinnen) beschwerdeberechtigt sei. Und in welchem Menschenrecht er verletzt sei. Ebenfalls nicht überzeugend legt das Gericht dar, inwiefern der Verein aufgrund der Schweizer Klimapolitik in seinem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingeschränkt ist, wie Artikel 8 der EMRK stipuliert.
Bei der Frage, ob es einen ursächlichen Zusammenhang gibt zwischen der lückenhaften Klimapolitik der Schweiz und den von den Rentnerinnen beklagten höheren Temperaturen und Hitzewellen, macht es sich der Gerichtshof relativ einfach. Es sei ausreichend für die Verantwortlichkeit eines Staates, dass die zumutbaren Massnahmen der Behörden eine reale Chance gehabt hätten, das Ergebnis zu ändern oder den Schaden zu reduzieren. Doch selbst wenn die Schweiz die Treibhausgasemissionen auf null reduziert hätte, würde dies den globalen Anstieg der Temperaturen nicht bremsen. Zu klein ist der Anteil der Schweiz am weltweiten CO₂-Ausstoss.
Kritiker befürchten, dass das Urteil zu einer Banalisierung und Politisierung der Menschenrechte führe. Wenn rechtlich verbindliche und gerichtlich abgesicherte Menschenrechtsgarantien zur Lösung von gesellschaftlich kontroversen Fragen wie dem Klimaschutz hinzugezogen werden, würden diese politisiert. Auch dazu gibt es andere Meinungen. Für den Basler Staatsrechtler Markus Schefer ist das Klimaurteil eine «logische Fortentwicklung» der bisherigen Rechtsprechung. Die Grundrechte in der EMRK seien bewusst offen formuliert, damit der Schutz über die Zeit bestehen bleibe, sagte Schefer der «NZZ am Sonntag». Es sei eine wichtige Aufgabe von Gerichten, das Recht auf neue Bedrohungslagen anzuwenden.
Umgekehrt könnte das Urteil auch dazu führen, dass der Klimaschutz durch seine «Vergerichtlichung» geschwächt wird. Ein Teil der Schweizer Stimmbevölkerung könnte bei kommenden Abstimmungen über Klimathemen mit einem Nein nicht den eigentlichen Klimaschutz meinen, sondern ein Zeichen setzen gegen den Einfluss «fremder Richter». Als Nebenwirkung auf einem anderen Gebiet dürfte das Urteil aus Strassburg die innenpolitisch ohnehin schwierigen Aussichten eines institutionellen Abkommens mit der EU weiter getrübt haben.
Zu Verwerfungen hat das Urteil in der Schweizer Politik geführt. So fordern – ausgerechnet – die Rechtskommissionen beider Kammern den Bundesrat dazu auf, das Urteil nicht umzusetzen. Das ist eine bemerkenswerte Botschaft von gewählten Politikern eines demokratischen Rechtsstaates. Es ist davon auszugehen, dass weitere Umweltschutzorganisationen in Europa ihre jeweiligen Regierungen wegen unzureichendem Klimaschutz vor dem EGMR einklagen werden. Denn das Urteil sichert den Vereinen und Verbänden in Klimafällen einen Zugang zum Gericht. So geht beispielsweis die Deutsche Umwelthilfe inzwischen davon aus, dass ihre 2022 beim EGMR eingereichte Klage gegen die deutsche Bundesregierung eine reelle Aussicht auf Erfolg hat.
Mehr zum Thema: Klimaseniorin Rosmarie Wydler-Wälti im Porträt, www.revue.link/klima
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J'apprécie beaucoup la Revue Suisse mais j'ai été choqué par le parti-pris de l'article rapportant le jugement de la Cour européenne des droits de l'homme en faveur des Aînées pour le climat. Cet article est à charge et ne prend pas la peine de rappeler l'ampleur de l'enjeu: toutes les régions du monde sont menacées par le dérèglement climatique en cours et la situation s'aggrave année après année. La Suisse contribue plus que la plupart des autres pays avec une empreinte carbone moyenne d'un habitant de la Suisse qui dépasse les 10 t/an alors que la neutralité carbone à laquelle il faut arriver au plus vite est à 2 t/an environ.
Les arguments avancés pour critiquer le jugement sont inacceptables: dire, par exemple, que même si la Suisse avait réduit à zéro ses émissions de GES, cela n'aurait pas freiné la hausse des températures est un argument éculé régulièrement utilisé par ceux qui veulent freiner toute action climatique. C'est comme si une personne condamnée pour ne pas avoir payé ses impôts relativisait en disant que cela ne changerait pas le budget du pays. Tous les pays doivent contribuer à l'effort et ceux qui ont l'empreinte la plus élevée par habitant, plus que les autres. La Suisse ne fait pas un effort suffisant, malgré ses engagements internationaux (accords de Paris) et les conséquences pour sa population. Il est donc normal qu'elle soit condamnée et la réaction de la classe politique montre qu'elle n'est pas à la hauteur des enjeux.
Diese Seniorinnen sollten sich mal in Asien rumschauen. Da wäre viel zu tun für den Klimaschutz. Aber es interessiert keinen, weil man kein Geld damit macht. In der Schweiz wird genug fürs Klima gemacht. Hinter diesen Damen wird eine ganz andere Gruppe stecken.
Im Krieg ist die Lüge eine Waffe. Aber der WW2 ist schon längst vorüber. Warum glauben wir immer noch den Lügen unserer Feinde? Warum werden wir, die wir uns für die Wahrheit einsetzen noch immer verfolgt, verurteilt und bestraft? Die Antwort ist, weil der Feind keine Pressefreiheit will, das gilt auch für uns.