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  • Wirtschaft

Die geheime Ideenfabrik

21.03.2018 – Andreas Schwander

Bei Esoro entstehen die Autos von übermorgen – und ein Wasserstoff-Lastwagen.

Fast alles, was Esoro in Fällanden macht, ist geheim – und das Jahrzehnte lang. Deshalb ist auch fast alles unsichtbar. Sichtbar wird die Firma nur selten, etwa wenn ein von Esoro gebauter Anhängerzug in der Region Aargau Filialen des Grossverteilers Coop mit Frischwaren beliefert. Der Lastwagen ist der erste seiner Art in der Schweiz. Er fährt mit Wasserstoff aus einem Aargauer Wasserkraftwerk. Eine Brennstoffzelle als bordeigenes Kraftwerk erzeugt kontinuierlich Strom und lädt eine Batterie. Die Energie zum Beschleunigen kommt aus der Batterie, die aber viel kleiner ist als in einem Elektroauto. Der Lastwagen fährt abgasfrei und benötigt keine langen Ladezeiten. Dies ist eine der Grundvoraussetzungen dafür, dass alternative Antriebe für Lastwagenflotten in Betracht gezogen werden. Letzten Sommer erhielt der Anhängerzug die Zulassung des Zürcher Strassenverkehrsamts.

Jahrzehntelange Tüftelei

«Wir sind dabei, wenn es anspruchsvoll, komplex und bereichsübergreifend wird», erzählt der CEO von Esoro, Diego Jaggi. Er ist schon sehr lange im Geschäft mit Utopien auf Rädern. Angefangen hat es mit der «Tour-de-Sol», dem legendären Solarmobil-Rennen durch die Schweiz in den 1980er-Jahren, ab 1990 wurde eine Firma draus. Esoro ist damit Teil der grossen, aber weitgehend unbekannten Schweizer Automobilindustrie, die mit 34 000 Mitarbeitern einen Umsatz von 16 Milliarden Franken jährlich macht. «Wir müssen uns in dieser Branche behaupten», sagt Diego Jaggi, «trotz unserer massiven Nachteile in der Schweiz.» Das sind der hohe Frankenkurs und der Zoll, beides Faktoren, welche alles verteuern und verkomplizieren. Und es sei eine Kunst, für ein neues Fahrzeug die nötigen Papiere zu erhalten. Jaggi rechnet, dass allein der administrative Aufwand für die Strassenzulassung rund 20 Prozent der Kosten für Bau und Entwicklung des Brennstoffzellen-Lastwagens verschlingt, vorausgesetzt, man hat das alles schon einmal gemacht. Sonst sind es 200 Prozent.

Um schliesslich mit der begehrten weissen Nummer fahren zu können, ist Esoro auch auf den Goodwill der Strassenverkehrsämter angewiesen. Denn der Aufwand für ein einziges Fahrzeug ist auch für sie gross. Für die Behörde wäre es deshalb viel einfacher, irgendein kleines Detail zu finden, das nicht konform ist und die Zulassung zu verweigern. Im Zürcher Strassenverkehrsamt machte man sich aber diese Mühe. Die Experten lasen sich in die Thematik ein und arbeiteten konstruktiv mit.

19 Tonnen erlaubt

Der Esoro-Lastwagen ist der erste in der Schweiz, der nach den Vorgaben für abgasfreie Nutzfahrzeuge zertifiziert wurde. In der Schweiz dürfen Lastwagen 18 Tonnen schwer sein, in der EU 19 Tonnen. Die Schweiz erlaubt nun Fahrzeugen mit alternativen Antrieben ebenfalls ein Gesamtgewicht von 19 Tonnen. Für eine Serienfertigung müsste allerdings noch vieles an die Bedürfnisse der Massenproduktion angepasst werden.

Esoro ist es dabei wichtig, dass diese Einzelstücke äusserlich perfekt daherkommen. Schon bei der Präsentation eines ersten Wasserstoffautos vor vielen Jahren am Genfer Automobilsalon soll ein hoher VW-Manager Diego Jaggi gesagt haben: «Der Lack steht.» Im deutschen Autojargon heisst das so viel wie «perfekt». Der Lack steht unterdessen auch bei den Rinspeed-Prototypen, die Esoro regelmässig für den Zürcher Unternehmer Frank Rinderknecht baut. Ob schwimmend, schwebend oder tauchend, sie kommen immer aus den geheimen Hallen in Fällanden. Diese Rinspeed-Fahrzeuge mögen abwegig aussehen, viele der Ideen tauchen aber später in Serienautos wieder auf. Denn Esoro arbeitet immer an der übernächsten oder überübernächsten Automobilgeneration, in der sogenannten Vorentwicklung. Da sind Ideen und Gedanken noch frei.

Andreas Schwander ist freier Journalist und Consultant in Basel

Bild  Der abgasfreie  Lastwagen des Schweizer Herstellers Esoro beliefert Coop-Filialen mit  Frischprodukten.  Foto Keystone

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Kommentare :

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    Erwin Balli-Bautista 28.03.2018 um 18:41
    Das funktioniert doch nicht einmal in der Theorie. Wie stellen sich diese Leute doch nur das erforderliche Tankstellennetz vor?
    Wer, ums Himmels willen, soll diese gigantische Infrastruktur aufbauen. Da wird etwas entwickelt ohne dass die notwendigen Grundlagen vorhanden sind
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  • user
    John Bosshard 23.03.2018 um 04:28
    Fantastic that the Swiss have come up with this! I know that hydrogen is the fuel of the future the sooner we get more hydrogen fueled vehicles the better the world will be. I have thought about this for well over 20 years. Every city, town and village has to have electric and water so hydrogen can be produced everywhere and produced during low peak electricity hours and stored. The pollution is distilled water! Who can argue with that? Probably the oil companies, the biggest polluters of the world!
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    • user
      Jean le Grand 27.03.2018 um 17:35
      This will not happen for the simple reason, it to be WAY too expensive to build such an infrastructure. You could never live "off grid" with this technology. 18 years ago In India alone 260 million people were living off the grid. Why generate electricity than use electricity to generate hydrogen??? Seems backwards to me. :-)
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  • user
    Jen le Grand 23.03.2018 um 03:03
    Schade das diese Technologie nicht überleben wird, da sie zu kompliziert ist. Man kann sich ja kaum vorstellen das so eine Anlage "zu Tanken", zu Hause oder auch auf langen Strecken plausibel ist. Die Technologie (Infrastruktur) ist viel zu teuer mit Elektrizität verglichen.
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  • user
    Moritz Steiger 22.03.2018 um 14:52
    Interesting to hear about Hydrogen power which seems to have been supplanted in development terms by electric or battery power. If we can get over the initial development and production costs it looks to be a better solution that just electric battery which looks to be storing problems for the future with a huge problem in what to do with spent batteries.
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  • user
    Dr.Ute von der Heyde 22.03.2018 um 05:04
    Na endlich eine Alternative für die Zukunft.
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  • user
    Fritz Watt 21.03.2018 um 23:08
    Was für ein unqualifizierter Artikel. In dieser Techgnologie wurde rein gar nichts "erfunden". Brennstoffzellen wären super-grossartig, aber leider gehen bei der der Hin- und Her-Umwandlung 60% verloren und das ist nicht akzeptabel! Spart Eure Elogien für den Tag, an dem dieses Problem gelöst ist. Lange wird es - hoffentlich - nicht mehr dauern.
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