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Von der Schweiz in die Ferne

10.07.2019 – Marc Lettau

Mit seiner Ausstellung «Die Schweiz anderswo» lädt das Schweizerische Nationalmuseum in Schwyz zur Reflexion über das Thema Auswandern ein.

Zuerst eine Bildbetrachtung: Wir sehen ein junges Paar mit Kind auf einem prall gepackten Koffer sitzen. Seine Stiefel sind hochgeschnürt, sein Hut ist etwas zerknittert, aber der Krawattenknopf sitzt. Ihre Garderobe wiederum scheint für einen freudigen Sonntagsausflug genau die richtige. Der Blick der beiden ist erwartungsfroh. Oder widerspiegelt er Spannung und Unsicherheit? Etliches verrät das Bild nämlich nicht auf Anhieb: Wir sind hier im Hauptbahnhof Zürich, ums Jahr 1930, vor dem Raucherabteil eines 3.-Klass-Wagens der SBB – und das Paar gehört zu einem Kontingent von 40 unbemittelten Schweizer Arbeitslosen, das nach Brasilien abreist. Das Ziel war, dort als Pflanzer in den Urwaldgegenden eine neue Existenz aufzubauen. Es war staatlich geförderter Export von Armut: Die Agentur «Arbeits-Notgemeinschaft für Siedlung und Auswanderung» (ANSA) wurde für ihre Begleitung Auswanderungswilliger von der Eidgenossenschaft subventioniert.

Es sind unter anderem solche Erinnerungen ans «Auswanderungsland Schweiz», welche die bemerkenswerte Ausstellung «Die Schweiz anderswo» in Schwyz anklingen lässt. Die Ausstellung erzählt von früheren und heutigen Auswanderern, geht ihren Motiven und Hoffnungen nach, thematisiert die Gründung der Auslandschweizer-Organisation (ASO) und zeigt letztlich auch, wie sehr Wanderbewegungen zur historischen Normalität gehören.

Für in der Schweiz weilende Gäste aus der «Fünften Schweiz» ist die Ausstellung von besonderem Wert, zumal sie an verschiedenen Begleitveranstaltungen sehr direkt angesprochen werden. So wandelt sich die Ausstellung etwa am 11. und 22. September 2019 von 13.00 bis 16.00 Uhr in ein «Büro für Migrationsgeschichten»: Besucherinnen und Besucher sind dann eingeladen, Auswanderungsgeschichten aus ihrer Familie zu erzählen und diese für sich schreiben zu lassen.

Ein neues Buch verleiht der Ausstellung zusätzliche Tiefe: Leo Schelberts Werk «Von der Schweiz anderswo» zeigt anhand von Hunderten von Schweizerinnen und Schweizern beispielhaft, wie vielfältig eine Nation in der Welt präsent ist: Mit Söldnern und Missionaren, Berufsleuten und Auswanderern auf der Suche nach Glück und einem besseren Leben. Damit unterstreicht das Buch auch: Nationen waren nie abgeschlossene Gebilde, waren und sind immer mit der Welt verflochten.

Ausstellung «Die Schweiz anderswo», Schweizerisches Nationalmuseum, Forum Schweizer Geschichte Schwyz, Zeughausstrasse 5, 6431 Schwyz. Die Ausstellung dauert bis am 29. September 2019. www.nationalmuseum.ch/d/schwyz/

Leo Schelbert: «Von der Schweiz anderswo. Historische Skizze der globalen Präsenz einer Nation.» (deutsche Ausgabe) / «Switzerland elsewhere. Historical Sketch of the Global Presence of a Nation» (englische Ausgabe); 320 Seiten, gebunden, Limmat Verlag, 8031 Zürich; 38 Franken / 40 Euro.

Bild: Vor der Abfahrt am Zürcher Hauptbahnhof, um 1930. Foto Keystone

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