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Eine Vernunftehe

09.07.2015 – Stéphane Herzog

Von Christoph Büchi, 2001 bis 2014 Westschweiz-Korrespondent der «Neuen Zürcher Zeitung», ist eine Neuauflage seines Buchs «Mariage de raison. Romands et alémaniques» erschienen. Es ist der richtige Zeitpunkt dafür.

Wenn hochemotional über den Französischunterricht an den Deutschschweizer Primarschulen diskutiert wird, ist es Zeit, die Bindungen, aus denen die Schweiz hervorgegangen ist, näher zu betrachten – und damit auch die Gräben, die es zwischen den Regionen gibt – zum Beispiel jener, der im Anschluss an das Nein bei der Volksabstimmung zum EWR im Jahr 1992 entstand. Das Nein hat nach Einschätzung des Autors «zu einer tiefen Spaltung des Landes geführt».

Die «Vernunftehe» ist ein kluges, in sparsamer Sprache verfasstes und stellenweise komisches Buch. Es wimmelt von Ideen und macht seinen Leser schlau, da ein jeder Bruchstücke aus der Schweizer Geschichte kennt, die Büchi zusammenführt und so von der Schweiz von heute erzählt. Der Autor erzählt von den Eidgenossen und von den gewonnenen Schlachten der Waldstätte gegen die europäischen Grossmächte, etwa jene am Morgarten (1315) und bei Sempach (1388). Er tut dies ohne nationalistisch zu werden, aber nicht ohne Emotionen – die Hartnäckigkeit, der Unabhängigkeitsdrang und der Mut unserer Vorfahren gebieten Respekt.

Jenseits der historischen Darstellung und der politischen Analyse ist das Werk des Deutschschweizer Journalisten eine Hommage an die Mehrsprachigkeit. Er erklärt, warum die Deutschschweizer sich für das Deutsche als Schriftsprache entschieden (ein Vermächtnis der Reformation) und gleichzeitig ihren Dialekt beibehalten haben, während die Romands das Frankoprovenzalische aufgaben, um die von den französischen Königen gesprochene Langue d'oïl (das Hochfranzösische) anzunehmen. Mit dieser Sprache und dem Ansehen Frankreichs kompensieren die Romands ihre Stellung als Minderheit in der Schweiz, schreibt Büchi. Bedingung dafür ist jedoch, dass die Deutschschweizer auch weiterhin Französisch lernen und bereit sind, Hochdeutsch statt Dialekt zu verwenden. Die Romands – die meisten haben etwas Hochdeutsch gelernt – erwarten, dass es von den Deutschschweizern im Gespräch mit ihnen verwendet wird. «Die Mehrsprachigkeit ist Sinnbild für die Idee Schweiz», folgert der Journalist.

Mariage de raison. Romands et alémaniques. Une histoire suisse. Christoph Büchi; Editions Zoé, 2015; 455 Seiten; CHF 30.–.

Zum Zusatzartikel "Kein Interesse an Marignano"

Zum Hauptartikel „Wenn Geschichte den Wahlkampf befeuert“

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    Madeline 19.07.2015 At 22:01
    total einverstanden mit Buchi. Die Deutschschweizer sollen auch weiterhin Franzosisch lernen und bereit sein mit den Romands Hochdeutsch zu sprechen
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